Positiv überrascht finde ich das große Sitzungsaal des Rathauses voller Menschen vor. Ein gutes Gefühl, dass so viele, darunter auch junge Menschen, gegen Ausgrenzung von Minderheiten ein Zeichen setzen wollen. Passend dazu das musikalische Vorspiel der Streicher und Streicherinnen des Gymnasium Zitadelle mit dem Thema aus dem Spielfilm „Schindlers Liste“. Die Rede des Bürgermeisters Axel Fuchs machte mich mit vielen Fakten aus der Jülicher Stadtgeschichte bekannt: Unter Wilhelm der Reiche durften die Juden sich nicht in Jülich niederlassen. Das änderte sich mit der französischen Revolution und als Jülich preußisch wurde, nahm die Freizügigkeit weiter zu. 1887 bekamen die Juden das passive Wahlrecht auf kommunaler Ebene. In dieser Zeit wuchs die Anzahl der Jülicher Familie mit jüdischen Wurzeln auf 178. In der Zeit der Nazis gab es dann nur noch 52 Familien. Nachdem das Chor des Mädchengymnasiums gesungen hatte, ging es vom Rathaus zu der Stelle, wo 1872 die Synagoge erbaut wurde. Das Licht der ausgeteilten Kerzen schaffte Gemeinschaft unter den Teilnehmer und eine besondere Atmosphäre des Gedenkens mit Ansprache, Lied und Gebet. Pfarrer Jöcken las den Kaddisch vor. Pfarrer Horst Grothe berichtete, dass beim Brand der Synagoge vor 80 Jahren der in der Nähe wohnende Pfarrer Hermann von Barnikol die Umherstehenden dazu aufgerufen hatte, doch zu löschen. „Es ist doch ein Gotteshaus“, sagte er. Doch er stieß auf taube Ohren und sah in grimmige, steinerne und auch verängstigte Gesichter. In einem Schweigemarsch ging es weiter zum Propst-Bechte-Platz, wo das Mahnmal mit den Namen der jüdischen Opfer des Jülicher Landes steht. Hier gedachte die Gesellschaft gegen das Vergessen und für die Toleranz an die damaligen Zeit, anhand der Person von Hermann Hertz, um den Opfer von damals ein Gesicht zu geben. Danach legten die Teilnehmer die Kerzen an das Mahnmal und gingen ihres Weges. Viele folgten der Einladung in das nahegelegenen Bonhoefferhaus zum gemeinschaftlichen Ausklang.